Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Sendenhorst

Der Strukturwandel im Einzelhandel hält, obwohl schon mehr als drei Jahrzehnte andauernd und in diesem Zeitraum mehrfach für beendet erklärt, weiter an. Waren es in den 80er und 90er Jahren die Fachmärkte und die Diversifizierung der Sortimente und Betriebskonzepte, so sind es seit Ende der 90er Jahre neben den großmaßstäblichen Shopping-Centern insbesondere die discountorientierten Vertriebsschienen und Betriebe, die massiv auf den deutschen Einzelhandelsmarkt drängen. Herausragendes Beispiel in diesem Kontext sind sicherlich die Lebensmitteldiscounter, die gleich mehrere Strategien in ihren Betriebskonzepten vereinigen: In der Regel autokundenorientierte Standortwahl mit ausreichender Stellplatzzahl; preisaggressiv im Kernsortiment Lebensmittel bzw. Food sowie gezielte (wöchentlich wechselnde) Sortimentsergänzungen mit Non-Food- Artikeln, die dann nicht selten Marktanteile von bis zu 50 % für den Angebotszeitraum erreichen und somit in erhebliche Konkurrenz zu den anderen Anbietern in den jeweiligen Warengruppen treten.

Es entstanden und entstehen immer noch zahlreiche Einzelhandelsstandorte außerhalb der gewachsenen Zentrenstrukturen, die wiederum in vielen Fällen dazu geführt haben, dass diese sowohl in ihrer Attraktivität als auch in ihrer ökonomischen Bedeutung (auch für andere innenstadtrelevante Nutzungen) an Bedeutung verloren haben. Ebenso hat das ehemals dichte Netz der wohnungsnahen Grundversorgung in vielen Regionen Deutschlands erheblich unter dieser Entwicklung an Bedeutung verloren. Ähnliches gilt, wenngleich nicht so aggressiv auftretend, für Fachmärkte. Auch sie suchen nach wie vor all zu häufig Standorte außerhalb der unmittelbaren Zentren und können somit einen weiteren Bedeutungsverlust historisch gewachsener und häufig auch mit nicht geringen öffentlichen Fördermitteln sanierten Zentren nach sich ziehen. Parallel zu dieser Entwicklung ist ein immer größer werdender Leerstand von kleinen und großen Ladenlokalen zu beobachten. Traf dies bis Mitte der 90er Jahre in der Regel auf Rand- oder Streulagen zu, so gehören „zugeklebte Schaufenster“ mittlerweile zu dem Erscheinungsbild der zentralen Geschäftslagen.

Warum ist ein Einzelhandels- und Zentrenkonzept für Sendenhorst sinnvoll?
Den oben genannten betrieblichen/konzernimmanenten Entwicklungen stehen raumordnerische und städtebauliche Zielvorstellungen und gesetzliche Grundlagen auf Bundes- wie auf Landesebene gegenüber, die nicht immer mit den Vorstellungen der Ansiedlungsinteressenten in Einklang zu bringen sind. Auch die Stadt Sendenhorst sieht sich vor der Aufgabe, im Spannungsfeld zwischen betreibermotivierten Standortrahmenbedingungen auf der einen und volkswirtschaftlich / städtebaulich / stadtentwicklungsrelevant motivierten Zielvorstellungen auf der anderen Seite einen auf die spezifische Situation in der Stadt abgestimmten, konstruktiven Umgang mit den erwähnten Strukturentwicklungen zu finden. Zentren- bzw. auch nahversorgungsrelevante Sortimente an städtebaulich nicht integrierten Standorten können durch Überschneidungen mit Angeboten in den städtebaulich-funktionalen Zentren der Stadt Sendenhorst bei gleichzeitig wesentlich günstigeren Wettbewerbsbedingungen (wie z.B. niedrigere Miet- und Grundstückspreise, geringere Betriebs- und Personalkosten, mehr Stellplätze oder größere Flexibilität bei Erweiterungen) kurz- bis mittelfristig zu einem massiven Bedeutungsverlust der historisch gewachsenen Zentren führen.

Vor dem Hintergrund dieser Überlegenheit städtebaulich nicht integrierter Standorte in punkto Flächenpotenziale und Stellplätze sowie dem anhaltenden Ansiedlungsdruck an Standorten ohne Kontext zu den bestehenden Einzelhandelszentren, sind eindeutige politische und planerische Aussagen seitens der Stadt Sendenhorst unerlässlich. Nur ein klares Konzept mit verbindlichen Aussagen zur zukünftigen räumlichen, quantitativen und qualitativen Steuerung der Einzelhandelsentwicklung kann verhindern, dass die zentralen Versorgungsbereiche an Bedeutung verlieren. Für die weitere Entwicklung des Sendenhorster Einzelhandels ist neben den Einzelhändlern und den Haus- und Grundstückseigentümern nicht zuletzt die Stadt Sendenhorst als Träger der kommunalen Planungshoheit verantwortlich.

So ist es die Stadt, die letztlich günstige Bedingungen im Rahmen ihres Ordnungs- und Baurechtes schaffen kann, die es dann von interessierten Investoren und Betreibern auszufüllen gilt. Dabei ergeben sich zudem klare Vorteile für alle beteiligten Akteure: [1] Es wird eine zukünftig abgestimmte Fortentwicklung der Einzelhandelsstrukturen im Konsens aller Akteure auf Ebene der Stadt Sendenhorst möglich. [1] Es wird ein Beitrag für eine aktive Wirtschafts-, Zentren- und Einzelhandelsentwicklung in der Stadt geleistet. [1] Es wird eine stringente Ansprache potenzieller Investoren ermöglicht. [1] Bisher getätigte Investitionen und vorhandene noch funktionstüchtige Einzelhandelsimmobilien bleiben weiterhin in Wert gesetzt. [1] Vor allem durch eine quantitative Steuerung wird eine ruinöse Wettbewerbssituation verhindert.

Aus diesen Gründen erscheint es konsequent und auch zwingend erforderlich, dass die Stadt Sendenhorst beschlossen hat, ein Einzelhandels- und Zentrenkonzept erarbeiten zu lassen, mit dessen Durchführung im Februar 2007 das Büro Junker und Kruse, Stadtforschung  Planung beauftragt wurde. Diese Untersuchung soll, unter Berücksichtigung sowohl der rechtlichen, demografischen und städtebaulichen Rahmenbedingungen als auch der betrieblichen Anforderungen Strategien zur Einzelhandels- und letztendlich dann auch Stadtentwicklung aufzeigen. Ziel ist es, insbesondere vor dem Hintergrund aktueller Rechtsprechung und Gesetzgebung im Themenkomplex Einzelhandel, eine sachgerechte und empirisch abgesicherte Bewertungsgrundlage für aktuell anstehende Bebauungsplanverfahren und/oder Ansiedlungsanfragen zu liefern als auch mögliche Entwicklungsperspektiven und erforderliche (insbesondere baurechtliche) Handlungsnotwendigkeiten aufzuzeigen, so dass sowohl Stadtverwaltung als auch Politik in die Lage versetzt werden, eine stadtentwicklungspolitische Grundsatzentscheidung zu treffen sowie frühzeitig mögliche Auswirkungen einzelner Standortentscheidungen auf die städtischen Versorgungsstrukturen einschätzen zu können.

Das vorliegende Einzelhandelskonzept kann sich in diesem Zusammenhang als grundlegender Orientierungs- und Steuerungsrahmen für die weitere Einzelhandelsentwicklung in und für Sendenhorst erweisen!